Vor einem Jahr, am 24. Februar 2022, hat der russische Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Zahlreiche Ukrainerinnen und Ukrainer flüchteten seitdem vor der Gewalt in ihrem Heimatland nach Deutschland und stießen auf eine große Welle der Hilfsbereitschaft. Das Bistum Limburg und verschiedene Gemeinden stellten Gelder zur Verfügung und riefen Hilfsaktionen ins Leben. Das Engagement für Geflüchtete ist weiterhin groß.
Schnelles Anpacken auf allen Ebenen
Barbara Reutelsterz, Flüchtlingsbeauftrage des Bistums Limburg, erinnert sich noch an die ersten Reaktionen im Bistum: „Die Bestürzung war groß, aber sehr schnell war auch klar: Wir müssen etwas tun und für die Menschen da sein. Auf allen Ebenen wurde sofort angepackt und das war auch notwendig“, sagt sie. Die Ohnmacht, der die Menschen mit Beginn des Kriegs zunächst ausgesetzt waren, wurde in zahlreichen Solidaritätsbekundungen und Friedensgebeten zum Ausdruck gebracht. „Es war den Leuten ein inneres Bedürfnis, sich zu versammeln, um für den Frieden zu beten und für diejenigen Menschen, die unter den Folgen des Krieges leiden“, sagt Reutelsterz.
Das Bistum Limburg unterstützte mit knapp 500.000 Euro. Im März stellte es zusammen mit dem Diözesancaritasverband 145.000 Euro für die vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen zur Verfügung. 100.000 Euro wurden als humanitäre Soforthilfe an Caritas International, dem internationalen Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, gespendet. 45.000 Euro gingen an kirchliche Partner in der Ukraine und deren Nachbarländer. Die Abteilung Weltkirche förderte neun Projekte in der Ukraine mit 249.000 Euro.
Ein sicheres Zuhause
Wichtig war vor allem zu Beginn des Kriegs eine gute Koordinierung und Steuerung der Hilfsangebote auf Bistumsebene. Dazu hat sich im Bistum Limburg der Koordinierungskreis Ukraine gegründet. „Dabei konnten wir auf die Vorerfahrungen aus der Willkommenskultur für Flüchtlinge zurückgreifen“, sagt Reutelsterz. Da zu Beginn des Kriegs ein drängendes Thema die Unterbringung der Geflüchteten war, wurde über den Koordinierungskreis geprüft, welche kirchlichen Gebäude mit geringem Aufwand eine Unterkunft von Geflüchteten ermöglichen können. Dafür hat das Bistum Limburg insgesamt Sondermittel in Höhe von ca. 69.000 Euro aufgebracht. So konnten an 22 Standorten sichere Plätze für Geflüchtete geschaffen werden. Laut einer Abfrage waren im August 2022 124 Personen in den Gebäuden untergebracht. „Das klingt jetzt erst mal nicht so viel, allerdings herrscht in den Unterkünften teils eine hohe Fluktuation, sodass die Zahl der Untergebrachten variiert. Mit einberechnet sind da auch nicht die Unterkünfte im Bistum, in denen seit Jahren schon Flüchtlinge aus Herkunftsländern beherbergt werden, wie etwa bei der Wohngruppe Arche für junge Frauen in der Kirchengemeinde St. Elisabeth in Wiesbaden“, erzählt Reutelsterz.
Ein Beispiel für ein Gebäude, das zu einer Unterkunft umfunktioniert wurde, ist das alte Pfarrhaus in Hasselbach. Hier wurden mithilfe der Finanzspritze des Bistums die Heizung in Gang gesetzt, Türscharniere repariert und Schlösser ausgetauscht. „Wir haben an vielen Orten erlebt, dass die Leute mit hohem Engagement helfen und selbst Hand anlegen“, erzählt Reutelsterz. So kamen in Hasselbach zum Beispiel Möbel und Ausstattung wie Geschirr oder Handtücher durch die große Spendenbereitschaft vieler Bürgerinnen und Bürger zusammen. Im Juni 2022 sind dort zwei Schwestern mit ihren Kindern aus Luhansk untergekommen.
Ankommen in einem fremden Land
Zu Beginn des Kriegs in der Ukraine und der damit verbundenen hohen Zahl an ankommenden Flüchtlingen waren viele Fragen in Bezug auf das Aufenthaltsrecht, Gesundheitsleistungen, Kinderbetreuung oder die Versorgung von Personen mit besonderen Bedarfen noch ungeklärt. Hinzu kamen die Sprachbarriere und die Notwendigkeit von Übersetzungsleistungen. Bewährte Strukturen der Caritas konnten hierauf schnell reagieren. Professionelle Hilfsangebote wurden angepasst und erweitert. An manchen Orten haben bestehende Netzwerke zusätzliche Anlaufstellen geschaffen, wie das Ukraine-Hilfezentrum in Wiesbaden. Geflüchtete erhalten dort professionelle Hilfe und Beratungen zu aufenthaltsrechtlichen Fragen.
Die katholische Pfarrei St. Bonifatius in Wiesbaden hat eine Übersicht erstellt zu Angeboten für Geflüchtete von katholischen Einrichtungen und Pfarreien in Wiesbaden. Dazu gehört unter anderem die Begleitung und Beratung für Frauen vor und nach der Geburt des Kindes, ein Anzieh-Treff für Schwangere und Mütter mit Kindern oder das Familiencafé St. Elisabeth, das bei der Erziehung im Alltag und bei der Integration unterstützt.
Langzeitfolgen im Blick
Der Fonds Partnerschaft mit Flüchtlingen (PmF) besteht seit 1986 und ist seit mittlerweile mehr als drei Jahrzehnten eine wichtige Stütze für Flüchtlinge. Finanziert wird er durch Bistumsmittel, die Geschäftsführung liegt beim Diözesancaritasverband. Aufgabe des Fondsbeirates ist die Verteilung der Mittel entsprechend der Vergaberichtlinien und die Prüfung der getätigten Mittelverwendung. Als Kontrollgremium überwacht er die Mittelvergabe.
War zu Beginn des Kriegs schnelle und kurzfristige Hilfe gefragt, so geht es mittlerweile mehr um Projekte, die einen langfristigen Aufenthalt von Geflüchteten ermöglichen sollen. „In Kindertagesstätten zum Beispiel, wo geflüchtete Kinder inzwischen ganz regulär aufgenommen wurden, spielt das Thema Integration und auch Sprachförderung eine ganz große Rolle“, sagt die Flüchtlingsbeauftragte. Aber auch in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder in der Erwachsenenbildung werde das Thema weiterhin aufgegriffen. Das Engagement – sei es in Bezug auf Unterkünfte oder die langfristige Integration – beziehe sich aber nicht nur auf Geflüchtete aus der Ukraine, sondern generell auf alle, die Zuflucht suchten.
Ein weiteres Thema sei aktuell auch der Umgang mit traumatisierten Menschen. „Auch dabei versuchen wir zu helfen und beratend zur Seite zu stehen“, sagt Reutelsterz. So wird beispielsweise aus dem Fonds Partnerschaft mit Flüchtlingen (PmF) eine Maltherapie für Traumatisierte gefördert. Damit wird versucht, Kindern und Jugendlichen Wege zur Verarbeitung der schrecklichen Ereignisse in ihrem Heimatland zu bieten.
Anlässlich des Jahrestages der Invasion ruft das Bistum Limburg Gemeinden und Katholiken auf, ihre Verbundenheit mit den Betroffenen des Krieges zum Ausdruck zu bringen und um Frieden zu bitten. Die Diözese gedenkt am Sonntag, 5. März, 17 Uhr, mit einer Gebetszeit der Betroffenen des Krieges im Limburger Dom.