Auf modernen Marktplätzen unterwegs
HOFHEIM/FLÖRSHEIM.- Superreiche und Hartz-IV-Biografien, liebliche Streuobstwiesen und zweckmäßige Wohnblöcke, modernes Stadtflair und jahrhundertealte Traditionen - der Main-Taunus hat viele Facetten. Am 11. Mai besucht Bischof Georg Bätzing erstmals den katholischen Bezirk. Sozial engagiert und politisch gut vernetzt präsentiert sich der Main-Taunus.
Vielfältiges katholisches Leben
"Wir leiden nicht unter der Landflucht wie manch anderer katholische Bezirk im Bistum Limburg", erklärt Hans-Joachim Hampel. Hier zu leben und bei den oft internationalen Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet zu arbeiten, sei attraktiv. "In unseren Gemeinden gibt es viele junge und weltoffene Familien", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Bezirkssynodalrates. Darin liege eine große Chance für die heute fünf pastoralen Einheiten, sagt Hampel selbstbewusst. Etwa 69.000 Katholiken leben zwischen Eschborn und Hochheim am Main. Wie in den Großstädten Frankfurt und Wiesbaden ist der Bezirk weltkirchlich und multikulturell geprägt. 10.500 Katholiken mit einer anderen Muttersprache bereichern das katholische Leben. Immer wieder finden sich Zeugnisse christlichen Glaubens. Die neu eingerichtete Bonifatiusroute zwischen Fulda und Mainz sowie ein Teil des deutschen Jakobswegs schlängeln sich durch die wunderschönen Weinberge, Wiesen und Wälder des Main-Taunus. "In unserer Region haben auch die Pestgelöbnisse noch eine gewisse Bedeutung", erklärt Bezirksdekan Klaus Waldeck. In Flörsheim am Main ziehen jedes Jahr im August Gläubige in Erinnerung an das Versprechen vor 350 Jahren durch die geschmückten Straßen der Altstadt. Zum Jubiläum 2016 war der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zu Gast. Auch Gläubige aus Hofheim, Kelkheim-Münster, Kriftel, Zeilsheim und Hattersheim pilgern zum Dank vor der Verschonung von der Pest zur Hofheimer Bergkapelle.
Der soziale Gedanke lebt in den Pfarreien
Die Lage im Rhein-Main-Gebiet birgt auch Herausforderungen für den katholischen Bezirk. Langzeitarbeitslosigkeit, soziale Brennpunkte oder Wohnungsnot sind nur einige drängende Probleme, denen sich die Kirche im Main-Taunus mutig stellen will. "Die Sozialpastoral hatte schon immer einen hohen Stellenwert in unseren Pfarreien", erklärt Klaus Waldeck. "Es ging hier nie nur um Liturgie und Verkündigung." Über die Jahre sei die Sensibilität für die konkrete Not vor Ort gewachsen und ein Netzwerk zwischen kirchlichen Pfarreien, karitativen Einrichtungen und verschiedenen Initiativen gewachsen. Der soziale Gedanke werde nicht nur vom Bezirkscaritasverband Main-Taunus hochgehalten, sondern sei auch in den Pfarreien in der Gemeindecaritas lebendig.
Für Bezirksreferent Matthias Braunwarth zeigt sich diese Vernetzung besonders beim Sozialbüro in Hofheim. "Das Sozialbüro strahlt in den ganzen Bezirk aus." Von der engen Zusammenarbeit des Büros mit den Pfarreien sowie der Kompetenz, die dort gebündelt werde, profitierten alle. Hinter dem Sozialbüro, das in Trägerschaft des Bezirkscaritasverbandes ist, steht ein Netzwerk von evangelischen, katholischen und nichtkirchlichen Verbundpartnern. Hilfe bei häuslicher Gewalt, Sucht, psychischer Erkrankung, Verschuldung, Asyl und Migration: In vielen Lebenslagen erfahren hier Menschen niederschwellig Unterstützung, erklärt Braunwarth. "Wir wollen gute Gesprächspartner für die Menschen sein."
Engagiert in politischer Diskussion
Auch bei wichtigen politischen Diskussionen - etwa beim sozialen Wohnungsbau - meldet sich die katholische Kirche im Main-Taunus engagiert zu Wort. Regelmäßig gebe es Gespräche mit den politischen Fraktionen, betont Klaus Waldeck. Auch zum Sozialdezernenten des Main-Taunus-Kreises pflege man einen guten Kontakt. "Wir sind bei vielen Fragen nicht parteipolitisch festlegt. Die Treffen sind für die politischen Vertreter hilfreich, weil auch kritische Punkte offen angesprochen werden können", erklärt Waldeck. Zugleich sieht der Bezirksdekan die große Verantwortung, die Kirche den Menschen gegenüber trage. "Wir wollen etwas dafür tun, damit die Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderdriftet", unterstreicht der Pfarrer. Im Vorfeld der Bundestageswahl werde der Bezirk mit dem Bezirkscaritasverband Wahlprüfsteine erarbeiten.
Katholischer Vorreiter
Einen besonderen Stellenwert hat auch das Thema Nachhaltigkeit. Als einziger katholischer Vertreter setzt sich der Bezirk in einem Aktionsbündnis dafür ein, dass das Rhein-Main-Gebiet als "Faire Metropolregion" anerkannt wird. "Wir haben im Main-Taunus zahlreiche Solidaritätsgruppen, die Partnerschaften pflegen und sich für den Eine-Welt-Gedanken einsetzen", erklärt Matthias Braunwarth. Der seit 30 Jahren durchgeführte Misereor-Solidaritätsgang, den die Bezirke Hochtaunus und Main-Taunus abwechselnd veranstaltet, ist ein Beispiel für dieses Engagement. Es ist der größte derartige Spendenlauf im Bistum Limburg. Allein dieses Jahr sind über 35.000 Euro für verschiedene Projekte erlaufen worden. "Darauf wollen wir uns aber nicht ausruhen. Wir wollen als Kirche raus aus der Nische und das Thema Nachhaltigkeit breiter aufstellen", erklärt Braunwarth. "Wir sind Kirche auf dem Weg mit anderen. Wir wollen künftig stärker auf den modernen Marktplätzen unterwegs sein."
Bischof Georg Bätzing hat im Dezember 2016 seine Kennenlern-Reise durch das Bistum gestartet. Auf jeweils eintägigen Stippvisiten besucht er die elf Bezirke, in die die Diözese gegliedert ist. Die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit berichtet hier über alle Bezirksbesuche.